Archiv der Kategorie: Strafrecht

LSG Niedersachsen: Strafgefangene haben Anspruch auf SGBII-Leistungen bei Haftunterbrechung

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat einem Häftling, der sich wegen eines längeren Krankenhaus- und Rehaaufenthaltes außerhalb der Haftanstalt aufgehalten hat, Hartz-IV-Leistungen zugesprochen. Das Jobcenter hatte dem Mann, der vor der Haft obdachlos und deshalb mittellos gewesen war, die Zahlung verweigert und sich auf den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II bezogen, wonach Personen im Strafvollzug vom Leistungsanspruch ausgeschlossen sind. Das Landessozialgericht hat das Jobcenter daraufhin zur Übernahme des Regelbedarfs verpflichtet und dies damit begründet, dass der Leistungsausschluss wegen Aufenthaltes in einer Vollziehungseinrichtung nicht gelte, wenn die Vollstreckung für die Dauer eines stationären Krankenhausaufenthaltes außerhalb des Strafvollzuges unterbrochen wird. Dies ist auch insofern konsequent, als ein Häftling während eines solchen Aufenthalts außerhalb der Justizvollzugsanstalt nicht als Strafgefangener behandelt wird und sich seine Haftzeit um die Dauer der Behandlung verschiebt.

(LSG Niedersachsen – Urteil vom 26.2.2019, Az. : L 11 AS 474/17).

BGH entscheidet über Grenzwerte der „nicht geringen Menge“ bei synthetischen Cannabinoiden

Der Bundesgerichtshof hat weitere Grenzwerte für einige synthetische Cannabinoide festgelegt, bei deren Überschreitung keine „geringe Menge“ mehr vorliegt. Dies hat zur Folge, bei Überschreiten dieser Menge  ein Absehen von der Bestrafung nach § 29 Abs. 5 BtMG ausgeschlossen ist. Mit Urteil vom heutigen Tage hat er für die Cannabinoide JWH-018 und CP 47,497-C8-Homologes die Grenze bei einer Wirkstoffmenge von 2 Gramm gezogen. Die Grenze für Wirkstoffe mit den Bezeichnungen JWH-073 und CP 47,497 liegt bei 6 Gramm. Der BGH hat diese Mengen auf Grundlage mehrerer Sachverständigengutachten zum Gefährdungspotential dieser Wirkstoffe im Vergleich zu natürlich vorkommendem Cannabis festgesetzt. Für Tetrahydrocannabinol (THC) liegt der Grenzwert der nicht geringen Menge bei 7,5 Gramm Wirkstoffmenge.

Die genannten und andere künstliche Cannabinoide tauchen in Kräutermischungen, sogenannten „Legal Highs“ vor, die zum Rauchen bestimmt und im Internet oder dem grauen Markt vertrieben werden.

BGH Urteil vom 14.01.2015 – 1 StR 302/13

OLG Brandenburg: Anforderungen an die Feststellung einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt

Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Brandenburg hat die Verurteilung eines Mannes wegen vorsätzlicher Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) aufgehoben, da die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen zum Vorsatz des Täters für eine entsprechende Verurteilung nicht ausreichten: So wurden beim 62-jährige Fahrer eines Leichtkraftrades im Rahmen einer Kontrolle zwar erhebliche Ausfallerscheinungen und eine Blutalkohol-Konzentration (BAK) von 1,51 Promille festgestellt worden. Eine hohe BAK-Konzentration allein reiche hierfür grundsätzlich nicht aus, vielmehr müssten weitere auf einen Vorsatz hindeutende Umstände hinzutreten. Da das kritische Bewusstsein und die Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung infolge der Alkoholeinwirkung abnehmen, während gleichzeitig ds subjektive Leistungsgefühl des Alkoholisierten häufig gesteigert werde, schätzten Personen Ihre Fahrtüchtigkeit häufig falsch ein. Bei seiner Würdigung habe das Amtsgericht zu einseitig auf die motorischen Unsicherheiten des Täters abgestellt, die erst beim Absteigen vom Motorrad festgestellt wurden.Inwieweit diese Erkenntnisse auch Rückschlüsse auf den für das Bewusstsein von Fahruntüchtigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der vorangegangenen Fahrt zuließen, habe das Amtsgericht nicht erwogen, so dass eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tatbegehung nicht haltbar sei.

OLG Brandenburg – Beschluss vom 5.2.2013, Az. (2) 53 Ss 1/13 (4/13)