Archiv für den Monat: November 2014

BGH: Werden Kosten für eine Wohngebäudeversicherung auf den Mieter umgelegt, muss diese nach einem Wohnungsbrand auch in Anspruch genommen werden

Der Bundesgerichtshof hat der Klage eines Mieters gegen seinen Vermieter stattgegeben, die darauf gerichtet war, dass der die Vermieterin einen von der Tochter des Mieters fahrlässig verursachten Brandschaden in der Mietwohnung beseitigen muss bzw. für die anfallenden Kosten aufkommen muss, wenn für das Objekt eine Wohngebäudeversicherung besteht, deren Kosten als Betriebskosten auf die Mieter umgelegt werden. Die Vermietgerin hatte sich geweigert, die Versicherung in Anspruch zu nehmen, weil bei einem Schadensfall die Prämie für den Gesamtbestand ihrer Mietwohnungen angestiegen wäre. Der BGH folgte dieser Argumentation nicht und verwies auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach ein Mieter erwarten dürfe, als Gegenleistung für die von ihm (anteilig) getragenen Versicherungsprämien im Schadensfall einen Nutzen von der Versicherung zu haben. Auch ein Rückgriff des Vermieters sei daher durch einen stillschweigenden Regressverzicht ausgeschlossen, wenn er die Wohngebäudeversicherung in Anspruch nimmt.  Im Ergebnis steht der Mieter damit so, als habe er die Versicherung selbst abgeschlossen.

Als Konsequenz folgt aus dieser rechtlichen Bewertung, dass dem Mieter sogar ein Minderungsrecht zusteht, wenn der Vermieter in so einem Fall die Brandschäden nach Aufforderung durch den Mieter nicht innerhalb angemessener Zeit beseitigt.

BGH Urteil vom 19.11.2014 – VIII ZR 191/13

OVG Münster entscheidet: Das Rauchverbot in in Gaststätten aufgrund des NiSchG NRW gilt nicht für E-Zigaretten

Das Oberverwaltungsgericht NRW hat entschieden, dass E-Zigaretten vom Nichtraucherschutzgesetz NRW (NiSchG NRW) nicht erfasst werden, so dass das darin geregelte Rauchverbot für das „Dampfen“ von E-Zigaretten nicht gilt. Denn unter Rauchen sei nach allgemeinem und fachlichem Sprachgebrauch das Einatmen von Rauch zu verstehen, der bei der Verbrennung von Tabakwaren entstehe. Ein Verbrennungsprozess finde bei einer E-Zigarette aber gerade nicht statt, es handele sich vielmehr um einen Verdampfungsvorgang. Außerdem handele es sich bei den verdampften Liquids – auch solchen mit Nikotinzusatz – nicht um Tabakwaren im Rechtssinne. Schließlich sei ein Verbot des E-Zigarettenkonsums auch mit der Zielrichtung des Gesetzes nicht zu vereinbaren, da das Gesetz den Gefahren des Passivrauchens entgegenwirken solle. Die bislang nicht erforschten möglichen Gefahren durch E-Zigaretten-Dampf seien damit jedenfalls nicht vergleichbar, so dass das Gesetz nicht einfach auf den E-Zigarettenkonsum ausgeweitet werden könne. Wenn der Gesetzgeber, dem bei Neufassung des Gesetzes im Jahr 2012 hätte der Gesetzgeber Gelegenheit gehabt, die Verbotsnorm entsprechend zu ändern und diese von Tabakrauch auf andere Stoffe zu erweitern. Da dies nicht geschehen ist, obwohl der Gesetzgeber das Problem damals im Blickfeld hatte, kann der Geltungsbereich der Regelung nicht einfach auf E-Zigaretten erweitert werden.

(OVG Münster, Urteil vom 04.11.2014 – 4 A 775/14)

Landessozialgericht NRW zum Zeugnisverweigerungsrecht von Angehörigen in Hartz IV-Prozessen

Das LSG NRW hat im Beschlusswege eine Entscheidung des Sozialgerichts Köln bestätigt, wonach Angehörige von HartzIV-Empfängern sich nicht auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Verwandte berufen dürfen, wenn sie Auskünfte zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen machen sollen, damit beurteilt werden kann, ob Einkommen von Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft Einfluss auf die Höhe des Leistungsanspruchs des Angehörigen hat. Im vorliegenden Fall hatte der Leistungsemüpfänger behauptet, keine Angaben zu den Einkommensverhältnissen seiner Mutter und  seines Stiefvaters machen zu können. Als das Sozialgericht die Eltern daraufhin als Zeugen vernehmen wollte, beriefen diese sich auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Verwandte bzw. Ehegatten von Verwandten.

(LSG NRW Az.  L 19 AS 1880/14 B und Az. L 19 AS 1906/14 B)

AG Hannover entscheidet: „Redtube“-Abmahnung unrechtmäßig

Das Amtsgericht Hannover musste sich mit einer Abmahnung wegen des (nach Auffassung der abmahnenden Rechtsanwälte) unerlaubten Betrachtens eines Videos auf einer Streaming-Plattform befassen. Das Gericht entschied, dass ein mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht bestehe und begründete dies mit der Vorschrift des § 44 a Nr. 2 UrhG. Diese Vorschriftstellt klar, dass eine vorübergehende Vervielfältigungshandlung,  deren alleiniger Zweck die „rechtmäßige Nutzung“ eines Werkes ist, zulässig ist. Über den ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift hinaus, erweiterte das Gericht auch auf den vorliegenden Fall und stellte klar, dass der „reine Konsum eines illegal veröffentlichten Films“ im Falle vom Streaming keinen Unterlassungsanspruch begründe, sofern die verwendete Vorlage nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellt bzw. offensichtlich rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde. Dies entspricht auch der Regelung des § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG, der Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch. Dass die Vorlage offensichtlich rechtswidrig hergestellt oder öffentlich zugänglich gemacht wurde, habe der abmahnende Rechteinhaber zu beweisen, was im konkreten Fall nicht geschehen war. Nach Auffassung des Gerichts kann der durchschnittliche Internetnutzer davon ausgehen, dass die Betreiber eines Streaming-Portals die erforderlichen Rechte an den Filmen erworben hätten. Etwas anderes könne nur gelten, wenn zum Beispiel ein Kinofilm vor Kinostart oder ein Fernsehfilm vor Erstausstrahlung kostenlos angeboten würden.

Die vom Gericht vertretene Auffassung entspricht auch einer in der Literatur verbreiteten Ansicht zur Rechtslage, höchstrichterlich wurde die Frage bislang aber nicht geklärt.

AG Hannover, Urteil vom 27.5.2014 – 550 C 13749/13