Archiv der Kategorie: Schadensersatzrecht

OLG Celle: Zur Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Unverzüglichkeit bei Verzögerungsrüge nach § 198 Abs. 3 GVG einer nicht anwaltlich vertretener Partei

Das OLG Celle hat meinem Mandanten wegen der überlangen Dauer eines seit dem Jahr 1997 anhängigen Gerichtsverfahrens eine Entschädigung in Höhe von 8.700,00 Euro zugesprochen. Grundlage des Entschädigungsanspruchs ist die mit dem Gesetz vom 24. November 2011 eingeführte Vorschrift des § 198 GVG. Der Kläger hatte die bei Altverfahren „unverzüglich nach Inkrafttreten des Gesetzes“ zu erhebende Verzögerungsrüge, die Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs ist, allerdings erst im August 2012 erhoben. In anderen Entscheidungen scheiterte der Entschädigungsanspruch häufig daran, dass die vom Kläger erhobene Verzögerungsrüge nicht mehr als „unverzüglich“ gewertet wurde. Im vorliegenden Fall hielt das Gericht dem Kläger allerdings zugute, dass er zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes nicht anwaltlich vertreten war und deshalb einem entschuldbaren Rechtsirrtum unterlag. Der Auffassung des beklagten Landes, dass spätestens zum Jahreswechsel 2011/2012 in allgemein zugänglichen Medien über das Gesetz zur Entschädigung bei überlangen Verfahren berichtet wurde, dass auch einem Durchschnittsbürger das Erfordernis einer unverzüglich zu erhebenden Verzögerungsrüge bewusst sein musste, folgte der Senat nicht. Eine engere Auslegung des Tatbestandsmerkmals der „Unverzüglichkeit“ wäre auch mit der verfassungskonformen Auslegung der Vorschrift des § 198 GVG und dem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht zu vereinbaren.

 

 

OLG Celle, Urteil vom 20.11.2013, Az. 23 SchH 3/13

OLG Hamm zu den Verkehrssicherungspflichten eines Baumarktbetreibers:

Das Oberlandesgericht Hamm hat der Klage einer Frau stattgegeben, die die Betreiberin eines Baumarkts verklagt hatte, nachdem sie im Kassenbereich auf einer feuchten Stelle ausgerutscht war und sich erheblich verletzt hatte. Der Kundin treffe zwar eine Mitverschulden, so dass ein Schadensersatzanspruch um 1/3 zur kürzen sei; die überwiegende Verantwortung sieht das Gericht aber bei der Betreiberin des Baumarktes, die ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe. Bei Supermärkten seien in Bereichen, bei denen ein erhöhtes Verletzungsrisiko bestehe, wie zum Beispiel in der Obst- und Gemüseabteilung, wo häufiger Waren zu Boden fallen und Kunden auf ihnen ausrutschen könnten, Kontrollen in Zeiträumen von 15 bis 20 Minuten zu fordern. Von der Beklagten als Betreiberin eines Selbstbedienungsbaumarktes seien dagegen bei einem durchschnittlich starken Kundenaufkommen Kontrollen im Abstand von 30 Minuten zu fordern. Die etwas großzügigere Bemessung der Zeiträume wird damit begründet, dass im Baumarkt überwiegend verpackte Produkte angeboten würden. Da die Beklagte im entschiedenen Fall aber auch unverpackte Pflanzen anbot, bei denen die Gefahr bestehe, dass sie Teile verlieren oder aus ihrer bewässerten Erde Wasser austrete, seien auch hier regelmäßige Kontrollen zu fordern, auch wenn die zeitlichen Abstände etwas größer ausfallen dürften.

OLG Hamm, 15.3.2013 – Az.:9 U 187/12