Archiv der Kategorie: Verkehrsrecht

VG Neustadt: Mischkonsum von Alkohol und Cannabis rechtfertigt Fahrerlaubnisentzug

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat den Antrag eines 23jährigen auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen Einziehung seines Führerscheins und die Entziehung der Fahrerlaubnis zurückgewiesen. Die Entziehung war von der zuständigen Behörde angeordnet worden, nachdem der Mann bei einer Verkehrskontrolle mit Cannabis (THC 1,4 ng/mL) und Alkohol (0,54 Promille) im Blut aufgefallen war.  Der Mischkonsum von Alkohol und Cannabis rechtfertigt nach Auffassung des Verwaltungsgerichts die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis und die Untersagung des Führens von erlaubnisfreien Fahrzeugen (Mofas etc.)  im Straßenverkehr.

Während es bei alleinigem Cannabiskonsum auf die Frage ankomme, ob gelegentlicher oder regelmäßiger Konsum vorläge und ob bei gelegentlichem Konsum dieser vom Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr getrennt werden könne. Werde zusätzlich Alkohol konsumiert, bestehe auch bei nur gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr.

(VG Neustadt an der Weinstraße, Beschluss vom 30.5.2016 – 3 L 382/16)

OLG Hamm: 2 Entscheidungen zur Mithaftung, wenns beim Überholen einer Fahrzeugkolonne kracht

In 2 jüngeren Entscheidungen (Urteil vom 09.07.2013 zum Az.: 9 U 191/12 und Urteil vom 23.04.2013 zum Az.: 9 U 12/13) hat sich das OLG Hamm zur Mithaftung des „Überholers“ einer Fahrzeugkolonne Stellung genommen:

Im ersten Verfahren ging es um die Mithaftung eines Mokick-Fahrers, der eine aus 3 Fahrzeugen bestehende Kolonne überholte und dabei mit dem ersten Fahrzeug, das nach links in eine Grundstücksauffahrt einbiegen wollte, zusammenstieß. Das OLG Hamm erkannte eine 75%ige Mitverschuldensquote des „Überholers“, da ihn ein erhebliches Verschulden treffe, weil er verbotswidrig bei für ihn unklarer Verkehrslage überholt habe. Bei der abbiegenden PKW-Fahrerin sei dagegen nur die Betriebsgefahr des Fahrzeuges mit einer 25%-Quote zu berücksichtigen.

Im zweiten Verfahren hatte der Beklagte mit seinem Motorrad eine aus mehreren Fahrzeugen bestehende Kolonne überholt. Dabei kollidierte er mit einem unter Ausnutzung einer Kolonnenlücke unvorsichtig aus einer wartepflichtigen Querstraße nach links abbiegenden Pkw. Trotz der Vorfahrtsituation erkannte das OLG Hamm auf eine Mithaftungsquote von 1/3 zu Lasten des „Überholers“, weil dieser das allgemeine Rücksichtnahmegebot verletzt habe. Nach Ansicht des Gerichts müsse jemand, der bei dichtem Verkehr an einer zum Stehen gekommenen Fahrzeugkolonne vorbeifahre, bei erkennbaren Verkehrslücken in Höhe von Kreuzungen und Einmündungen seine Fahrweise trotz Vorfahrt so einrichten, dass er auch vor unvorsichtig aus der Lücke herausfahrenden Fahrzeugen rechtzeitig anhalten kann.

OLG Brandenburg: Anforderungen an die Feststellung einer vorsätzlichen Trunkenheitsfahrt

Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Brandenburg hat die Verurteilung eines Mannes wegen vorsätzlicher Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) aufgehoben, da die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen zum Vorsatz des Täters für eine entsprechende Verurteilung nicht ausreichten: So wurden beim 62-jährige Fahrer eines Leichtkraftrades im Rahmen einer Kontrolle zwar erhebliche Ausfallerscheinungen und eine Blutalkohol-Konzentration (BAK) von 1,51 Promille festgestellt worden. Eine hohe BAK-Konzentration allein reiche hierfür grundsätzlich nicht aus, vielmehr müssten weitere auf einen Vorsatz hindeutende Umstände hinzutreten. Da das kritische Bewusstsein und die Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung infolge der Alkoholeinwirkung abnehmen, während gleichzeitig ds subjektive Leistungsgefühl des Alkoholisierten häufig gesteigert werde, schätzten Personen Ihre Fahrtüchtigkeit häufig falsch ein. Bei seiner Würdigung habe das Amtsgericht zu einseitig auf die motorischen Unsicherheiten des Täters abgestellt, die erst beim Absteigen vom Motorrad festgestellt wurden.Inwieweit diese Erkenntnisse auch Rückschlüsse auf den für das Bewusstsein von Fahruntüchtigkeit maßgeblichen Zeitpunkt der vorangegangenen Fahrt zuließen, habe das Amtsgericht nicht erwogen, so dass eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Tatbegehung nicht haltbar sei.

OLG Brandenburg – Beschluss vom 5.2.2013, Az. (2) 53 Ss 1/13 (4/13)

VG Minden: Auch bei Oldtimern besteht Eurokennzeichen-Pflicht

Das VG Minden hat mit 2 Urteilen am 8.6.2013 entschieden, dass Oldtimer ebenso wie alle anderen Fahrzeuge seit 1997 mit einem Eurokennzeichen uszustatten sind. Geklagt hatten 2 Oldtimerbesitzer aus dem Kreis Paderborn, denen bei der Erteilung von Kennzeichen in den Jahren 2007 und 2011 aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen, Kennzeichen ohne Eurofeld zugeteilt bekommen hatten. Der Kreis hatte die Einziehung dieser Kennzeichen angeordnet, um diese auf seine Kosten gegen entsprechende Kennzeichen mit Eurofeld auzutauschen. Hiergegen richteten sich die Fahrzugführer, die die Auffassung vertraten, dass die Eurokennzeichen-Pflicht dem historischen Erscheinungsbild der Fahrzeuge widerspräche. Das VG ist dieser Auffassung mit der Begründung entgegengetreten, dass das Aussehen vonb Kennzeichen im öffentlichen Straßenverkehr gesetzlich vorgeschrieben sei und dass das ästhetische Empfinden der Fahrzeughalter demgegenüber zurücktreten müsse. Anderenfalls müssten je nach Alter der Fahrzeuge verschiedenste – heute gar nicht mehr gültige – historischen Kennzeichen vergeben werden.

(Az.: 2 K 2930/12 und 2 K 2931/12)