Das Sozialgericht Gotha hat mit Beschluss vom 26.5.2015 ein Verfahren (Az. S 15 AS 5157/14) , in dem es um die zweifache Sanktionierung eines Leistungsempfängers (sog. „Absenkung des Arbeitslosengeldes nach § 32 SGB II“) ging, dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, da das Sanktionssystem nach Auffassung der Richter die Betroffenen in ihren Grundrechten verletzt. Neben der allgemeinen Menschenwürde, die aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet wird, verletzen die Sanktionen nach Auffassung der 15. Kammer außerdem auch das Recht auf körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 GG und die Berufsfreiheit, die aus Art. 12 Abs. 1 und 2 hergeleitet wird. Außerdem würden die Sanktionsregelungen auch dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 des Grundgesetzes zuwiderlaufen.
Das Bundesverfassungsgericht, bei dem bereits ähnliche Klagen von Betroffenen anhängig sind, muss nun zunächst den konkreten Normenkontrollantrag des SG Gotha prüfen. Sollte das BVerfG zu der Auffassung kommen, dass die Sanktionsregelungen verfassungswidrig sind, muss der Gesetzgeber die entsprechenden Paragraphen im SGB II ändern und die Jobcenter dürfen solange keine Sanktionen auf dieser Grundlage mehr aussprechen. Ob die Rechtsauffassung des SG Gotha vom Bundesverfassungsgericht geteilt wird, bleibt allerdings abzuwarten, da Normenkontrollanträge in der Vergangenheit nur äußerst selten zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit geführt haben und das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber im Bereich der Grundsicherung einen weiten Spielraum zugebilligt hat (so auch bei der Berechnung der Regelsätze, die ja der Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums dienen sollen – vgl. BVerfG, Urteil v. 09.02.2010, Az.: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09).