Archiv der Kategorie: Allgemein

Einschränkungen im zweiten Corona-Lockdown

Wegen des seit Dezember 2020 laufenden zweiten Lockdowns und den damit verbundenen Kontaktbeschränkungen finden Besprechungen vor Ort nur noch in Ausnahmefällen statt. Unterlagen können weiterhin vor Ort eingereicht werden, umfangreiche Besprechungen sollten aber möglichst telefonisch oder nach vorheriger Abstimmung zum verwendeten Konferenz-Tool und datenschutzrechtlicher Aspekte auch per Videokonferenz erfolgen.

Anhebung der im RVG geregelten Anwaltsgebühren zum 1.1.2021

Im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz ist zum 1.1.2021 eine Gebührenanhebung in Kraft getreten. Die Wertgebühren wurden im Schritt um etwa 10 % angehoben, außerdem sind noch einige weitere Änderungen eingearbeitet worden. Eine nach Gegenstandswerten geordnete Übersicht über die Höhe der neuen Gebühren findet sich zum Beispiel auf den Seiten des BMJF: https://www.gesetze-im-internet.de/rvg/anlage_2.html

Die darin angegebenen Beträge entsprechen jeweils einer 1,0 Gebühr aus dem Gegenstandswert.

BGH: Gerichtsstand für Ansprüche nach der Fluggastrechteverordnung an jedem Abflugs- oder Zielort

Der BGH hat sich jüngst im Rahmen eines Versäumnisurteils dazu geäußert, dass eine Klage gegen eine Fluggesellschaft wegen Ansprüchen aus der EU-Fluggastrechteverordnung ((EG)-Verordnung Nr. 261/2004) an jedem Abflug- oder Zielort der jeweiligen Reise erhoben werden kann, sofern dieser innerhalb der EU liegt. Für die Geltendmachung von Ansprüchen wegen Flugverspätungen oder -ausfällen greift die Vorschrift des Art. 7 Nr. 1b Brüssel-Ia-VO ein, wonach ein Gerichtsstand am Erfüllungsortes begründet wird. Sowohl der Abflug- als auch der Ankunftsort seien bei einem Luftbeförderungsvertrag als Erfüllungsort anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob die beklagte Fluggesellschaft am jeweiligen Erfüllungsort eine Niederlassung unterhält oder nicht.

(BGH, Urteil vom 12.05.2020 – X ZR 10/19)

Aktueller Hinweis zum Betrieb während der Corona-Krise

Zur Umsetzung der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus haben wir unseren Kanzleibetrieb vor Ort heruntergefahren, um das Ansteckungsrisiko für Mandanten und Mitarbeiter zu minimieren. Sowohl das Anwaltsbüro als auch die HVP-Veldhuizen Steuerberatungs GmbH sind zu den üblichen Geschäftszeiten geöffnet. Wir bitten allerdings Mandanten, für Besprechungen und Rückfragen möglichst das Telefon zu verwenden und nur dann persönlich vorbeizukommen, wenn Unterlagen abgeholt werden müssen oder ein Besuch aus anderen Gründen unvermeidlich ist. Wir haben direkt am Eingang einen Empfangstisch eingerichtet und würden Sie bitten, dort stehen zu bleiben, bis ihr Anliegen bearbeitet ist. Es kann leider nicht beurteilt werden, wie sich die Corona-Krise auf den Betrieb der Gerichte auswirken wird und ob anberaumte Termine tatsächlich so stattfinden werden, wie geplant. Wir werden alle Mandanten unverzüglich informieren, wenn sich Neuigkeiten ergeben sollten.

FG Düsseldorf: Inkassoservice der Familienkasse nicht für die Bearbeitung von Stundungsanträgen zuständig

Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf ist der Inkasso-Service der Bundesagentur für Arbeit, dem seit März 2015 auch die bundesweite Bearbeitung von Kindergeld-Rückforderungen obliegt, nicht berechtigt, über Stundungs- und Erlassanträge der Schuldner zu entscheiden. Nach Auffassung des Gerichts sind entsprechende Kompetenzen dem Inkasso-Service vom Vorstand der Agentur für Arbeit allerdings nicht zugewiesen worden. Aus diesem Grund liege die Zuständigkeit für die Entscheidungen über Stundung oder Erlass weiterhin bei der jeweils zuständigen Familienkasse. Sofern man eine ablehnende Entscheidung des Inkasso-Service erhält, besteht im Rechtsmittelverfahren daher Aussicht darauf, dass die Entscheidung wegen der Unzuständigkeit des Inkasso-Service verworfen wird und der Sachverhalt durch die jeweils zuständige Familienkasse erneut gerprüft werden muss. Die Entscheidung ist bisher noch nicht rechtskräftig, ein Revisionsverfahren ist unter dem Az. III R 36/19 beim Bundesfinanzhof anhängig.

FG Düsseldorf, Urteil vom 14.5.2019 – 10 K 3317/18 AO

VG Neustadt: Mischkonsum von Alkohol und Cannabis rechtfertigt Fahrerlaubnisentzug

Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat den Antrag eines 23jährigen auf Widerherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen Einziehung seines Führerscheins und die Entziehung der Fahrerlaubnis zurückgewiesen. Die Entziehung war von der zuständigen Behörde angeordnet worden, nachdem der Mann bei einer Verkehrskontrolle mit Cannabis (THC 1,4 ng/mL) und Alkohol (0,54 Promille) im Blut aufgefallen war.  Der Mischkonsum von Alkohol und Cannabis rechtfertigt nach Auffassung des Verwaltungsgerichts die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis und die Untersagung des Führens von erlaubnisfreien Fahrzeugen (Mofas etc.)  im Straßenverkehr.

Während es bei alleinigem Cannabiskonsum auf die Frage ankomme, ob gelegentlicher oder regelmäßiger Konsum vorläge und ob bei gelegentlichem Konsum dieser vom Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr getrennt werden könne. Werde zusätzlich Alkohol konsumiert, bestehe auch bei nur gelegentlicher Einnahme von Cannabis die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr.

(VG Neustadt an der Weinstraße, Beschluss vom 30.5.2016 – 3 L 382/16)

Hinweis auf Schlichtungsstelle im Onlinehandel seit 1.1.2016 Pflicht

Mit Wirkung ab dem 9.1.2016 sind Online-Dienstleister, insbesondere Betreiber von Online-Shops,  verpflichtet worden, einen Hinweis auf die Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung bei einer von der EU eingerichteten Schlichtungsstelle, hinzuweisen. Rechtsgrundlage ist die EU Verordnung Nr. 524/2013, die in den Mitgliedsstaaten unmittelbar geltendes Recht darstellt.  Vergleichbare Stellen zur Streitbeilegung gibt es in anderen Geschäftsfeldern, wie z.B. bei Banken, Versicherungen, Reiseanbietern, bereits seit Langem.

Mit der Einrichtung der Schlichtungsstelle soll Kunden und Händlern im Konfliktfall eine schnellere und kostengünstigere Alternative zur Führung einer gerichtlichen Auseinandersetzung angeboten werden. Bislang führt der hierfür zu setzende Link zur Schlichtungsstelle  ( http://ec.europa.eu/consumers/odr/ ) allerdings ins Leere – auf der Internetpräsenz wird lediglich darauf hingewiesen, dass die Seite zum 15.2.2016 ihre Arbeit aufnehmen soll.

Erfasst von der Regelung ist nach dem Verordnungstext jeder „Kauf- oder Dienstleistungsvertrag , bei dem der Unternehmer oder der Vermittler des Unternehmers Waren oder Dienstleistungen über eine Website oder auf anderem elektronischen Weg angeboten hat und der Verbraucher diese Waren oder Dienstleistungen auf dieser Website oder auf anderem elektronischen Weg bestellt hat“ .

Wer den entsprchenden Hinweis nicht auf seiner Shop- oder Dienstleistungs-Seite aufnimmt, läuft Gefahr, wegen eines Wettbewerbsverstoßes abgemahnt zu werden.

SG Gotha hält Hartz4-Sanktionen für verfassungswidrig

Das Sozialgericht Gotha hat mit Beschluss vom 26.5.2015 ein Verfahren (Az. S 15 AS 5157/14) , in dem es um die zweifache Sanktionierung eines Leistungsempfängers (sog. „Absenkung des Arbeitslosengeldes nach § 32 SGB II“) ging, dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt, da das Sanktionssystem nach Auffassung der Richter die Betroffenen in ihren Grundrechten verletzt. Neben der allgemeinen Menschenwürde, die aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m Art. 1 Abs. 1 GG hergeleitet wird, verletzen die Sanktionen nach Auffassung der 15. Kammer außerdem auch  das Recht auf körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 Abs. 2 GG und die Berufsfreiheit, die aus Art. 12 Abs. 1 und 2 hergeleitet wird. Außerdem würden die Sanktionsregelungen auch dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 des Grundgesetzes zuwiderlaufen.

Das Bundesverfassungsgericht, bei dem bereits ähnliche Klagen von Betroffenen anhängig sind, muss nun zunächst den konkreten Normenkontrollantrag des SG Gotha prüfen. Sollte das BVerfG zu der Auffassung kommen, dass die Sanktionsregelungen verfassungswidrig sind, muss der Gesetzgeber die entsprechenden Paragraphen im SGB II ändern und die Jobcenter dürfen solange keine Sanktionen auf dieser Grundlage mehr aussprechen. Ob die Rechtsauffassung des SG Gotha vom Bundesverfassungsgericht geteilt wird, bleibt allerdings abzuwarten, da Normenkontrollanträge in der Vergangenheit nur äußerst selten zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit geführt haben und das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber im Bereich der Grundsicherung einen weiten Spielraum zugebilligt hat (so auch bei der Berechnung der Regelsätze, die ja der Sicherstellung des soziokulturellen Existenzminimums dienen sollen – vgl. BVerfG, Urteil v. 09.02.2010, Az.: 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09).

LSG Hessen: Kosten der Unterkunft bei Hartz-IV-Bezug können ausnahmsweise auch Tilgungsraten für Eigenheim umfassen

Beim Leistungsbezug nach dem SGBII muss der Leistungsträger die Kosten der Unterkunft übernehmen, sofern diese angemessen sind. Sofern der Leistungsempfänger eine Mietwohnung bewohnt, werden deshalb die Kaltmiete und Heizkosten bis zu einem bestimmten Betrag übernommen. Bewohnt der Leistungsempfänger dagegen ein Eigenheim, für dessen Finanzierung er ein Darlehen aufgenommen hat, das er in monatlichen Raten an die Bank zurückzahlen muss, wurde bislang nur der Anteil davon, der auf die Verzinsung entfällt, als Unterkunftskosten vom Jobcenter übernommen. Da die Leistungen nach dem SGBII nicht zum Zwecke des Vermögensaufbaus gewährt werden, ist der Anteil, der auf die Tilgung entfällt hiervon nicht umfasst. Gegen diese Praxis hat nun das Landessozialgericht Hessen entschieden, das das Jobcenter des Main-Taunus-Kreises verurteilt hat, einem Leistungsbezieher für die Tilgungsraten einen Zuschuss anstelle eines Darlehens zu gewähren.

Allerdings handele es sich hierbei um einen Ausnahmefall, weil der Mann das Haus gekauft habe, lange bevor er in den Leistungsbezug geraten sei. Außerdem sei die Finanzierung weitestgehend abgeschlossen gewesen, da nur noch ein Anteil von 18,7 % der Gesamtsumme zu tilgen war und bei Nichtübernahme der Tilgungsraten der Verlust des Hauses gedroht hätte. Schließlich war der Kläger während des laufenden Verfahrens verrentet worden, so dass der Gesamtleistungsbezug auf die Tilgung nur 2,7 % betragen habe. Im vorliegenden Fall stelle sich die Übernahme der Tilgungsraten auch als angemessen dar, weil die monatlichen Gesamtleistungen für die Unterkunft einschließlich der Tilgung unter den in der Stadt als angemessen geltenden Mietkosten für einen vergleichbaren Haushalt lägen.

Da eine Revision zum BSG zugelassen wurde, steht eine letztinstanzliche Entscheidung allerdings noch aus.

(LSG Hessen, Urteil vom 29.10.2014, L 6 AS 422/12)

OVG Münster entscheidet: Das Rauchverbot in in Gaststätten aufgrund des NiSchG NRW gilt nicht für E-Zigaretten

Das Oberverwaltungsgericht NRW hat entschieden, dass E-Zigaretten vom Nichtraucherschutzgesetz NRW (NiSchG NRW) nicht erfasst werden, so dass das darin geregelte Rauchverbot für das „Dampfen“ von E-Zigaretten nicht gilt. Denn unter Rauchen sei nach allgemeinem und fachlichem Sprachgebrauch das Einatmen von Rauch zu verstehen, der bei der Verbrennung von Tabakwaren entstehe. Ein Verbrennungsprozess finde bei einer E-Zigarette aber gerade nicht statt, es handele sich vielmehr um einen Verdampfungsvorgang. Außerdem handele es sich bei den verdampften Liquids – auch solchen mit Nikotinzusatz – nicht um Tabakwaren im Rechtssinne. Schließlich sei ein Verbot des E-Zigarettenkonsums auch mit der Zielrichtung des Gesetzes nicht zu vereinbaren, da das Gesetz den Gefahren des Passivrauchens entgegenwirken solle. Die bislang nicht erforschten möglichen Gefahren durch E-Zigaretten-Dampf seien damit jedenfalls nicht vergleichbar, so dass das Gesetz nicht einfach auf den E-Zigarettenkonsum ausgeweitet werden könne. Wenn der Gesetzgeber, dem bei Neufassung des Gesetzes im Jahr 2012 hätte der Gesetzgeber Gelegenheit gehabt, die Verbotsnorm entsprechend zu ändern und diese von Tabakrauch auf andere Stoffe zu erweitern. Da dies nicht geschehen ist, obwohl der Gesetzgeber das Problem damals im Blickfeld hatte, kann der Geltungsbereich der Regelung nicht einfach auf E-Zigaretten erweitert werden.

(OVG Münster, Urteil vom 04.11.2014 – 4 A 775/14)